Schwächung der Mieter:innen?

Abstimmungsvorlagen vom 24. November 2024

Am 24. November 2024 stimmt die Schweiz unter anderem über zwei mietrechtliche Vorlagen ab, nachdem das Referendum gegen die geplanten Gesetzesänderungen ergriffen worden ist.

Das Stimmvolk wird darüber entscheiden, ob die Voraussetzungen für die Untermiete verschärft und die Anforderungen für die Kündigung zum Eigenbedarf herabgesetzt werden sollen.

Verschärfung der Voraussetzungen für die Untermiete

Stand heutiges Recht ist die Untermiete in Art. 262 OR wie folgt geregelt:

1 Der Mieter kann die Sache mit Zustimmung des Vermieters ganz oder teilweise untervermieten.

2 Der Vermieter kann die Zustimmung nur verweigern, wenn:

         a. der Mieter sich weigert, dem Vermieter die Bedingungen der Untermiete bekanntzugeben;

        b. die Bedingungen der Untermiete im Vergleich zu denjenigen des Hauptmietvertrags missbräuchlich sind

        c. dem Vermieter aus der Untermiete wesentliche Nachteile entstehen.

    3 Der Mieter haftet dem Vermieter dafür, dass der Untermieter die Sache nicht anders gebraucht, als es ihm selbst gestattet ist. Der Vermieter kann den Untermieter unmittelbar dazu anhalten.

    Gemäss Vorlage:

    • sollen Mieterinnen und Mieter künftig ein schriftliches Gesuch für die Untermiete stellen, welchem die Vermieterschaft schriftlich zustimmen muss.
    • muss jede Änderung der Untermiete der Vermieterschaft mitgeteilt werden.
    • kann die Vermieterschaft künftig die Untermiete untersagen, wenn diese länger als zwei Jahre dauern soll.
    • kann die Vermieterschaft das Mietverhältnis wegen einer unzulässigen Untervermietung künden.

    Parlament und Bundesrat empfehlen, die Vorlage anzunehmen. Die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt und die Verbreitung von Vermietungsplattformen im Internet begünstige Missbräuche bei der Untermiete. Solche Missbräuche sollen durch eine klare Regelung der Voraussetzungen der Untermiete verhindert werden. Die Gegner:innen der Vorlage machen geltend, die Vorlage schwäche die Position der Mieterschaft stark. Da es bereits jetzt verboten ist, die Wohnung ohne Einwilligung der Eigentümer:innen unterzuvermieten, sei eine zusätzliche Regelung nicht erforderlich.

    Herabsetzung der Anforderungen für die Kündigung zum Eigenbedarf

    Das Gesetz regelt den dringenden Eigenbedarf in drei konkreten Situationen:

    • Art. 261 Abs. 2 Bst. a OR sieht vor, dass bei einem Eigentümerwechsel der Mietsache, neue Eigentümer:innen das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Frist auf den nächsten gesetzlichen Termin kündigen können, wenn diese einen dringenden Eigenbedarf geltend machen.
    • Art. 271a Abs. 3 Bst. a OR hält fest, dass Vermieter:innen beim Vorliegen eines dringenden Eigenbedarfs das Mietverhältnis kündigen dürfen, selbst wenn zu diesem Zeitpunkt ein Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis läuft oder die Vermieter:innen in den letzten drei Jahren vor der Kündigung einem Rechtstreit unterlagen, welches im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis stand.
    • Art. 272 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Bst. d OR statuiert, dass Mieter:innen die Erstreckung eines (un)befristeten Mietverhältnisses verlangen können, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für sie oder ihre Familien eine Härte zur Folge hätte, die durch die Interessen der Vermieter:innen nicht zu rechtfertigen sind. Bei der Interessensabwägung wird dabei insbesondere auch ein allfälliger dringender Eigenbedarf der Vermieter:innen berücksichtigt.

    Die «Dringlichkeit», von welcher das Gesetz im Zusammenhang mit dem Eigenbedarf spricht, wird im Gesetz selbst nicht definiert. Nach der aktuell geltenden Rechtsprechung bedeutet «Dringlichkeit», dass der Eigenbedarf unmittelbar (nicht bloss zukünftig), tatsächlich (nicht bloss hypothetisch) und aktuell sein muss. Dies ist dann der Fall, wenn nach objektiver Würdigung der Umstände ein Zuwarten mit der Selbstnutzung (bis bspw. eine ordentliche Kündigung möglich ist) für Vermieter:innen als nicht zumutbar erscheint (vgl. bspw. BGE 118 II 50, E. 3c).

    Die Vorlage will diese Anforderungen an die Dringlichkeit herabsetzen. Bei Annahme der Vorlage muss der Eigenbedarf für eine zulässige Kündigung nicht mehr «dringlich», sondern nur noch «bedeutend und aktuell» sein. Wie «bedeutend und aktuell» zu verstehen ist, wird nicht genauer definiert. Bei einer Annahme der Vorlage wäre es somit an den Gerichten, diese beiden Begriffe genauer zu bestimmen.

    Parlament und Bundesrat empfehlen Annahme der Vorlage. Diese helfe Vermieter:innen, in oder nach einem Rechtsstreit, bei einer Mieterstreckung oder bei einem Eigentumswechsel den Eigenbedarf einfacher geltend machen zu können. Die Gerichte würden bei der Beurteilung einer Kündigung wegen Eigenbedarfs immer noch die Interessen der Mieter:innen und Vermieter:innen gegeneinander abwägen, der Eigenbedarf würde jedoch stärker gewichtet. Die Gegner:innen der Vorlage machen geltend, dass auch diese Vorlage die Position der Mieter:innen erheblich schwächt. Darüber hinaus würden gelockerte Regelungen betreffend der Kündigung zum Eigenbedarf der Immobilien-Lobby erlauben, höhere Renditen zu erzielen.

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    Anpassungen Stockwerkeigentumsrecht?

    Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 20. September 2024 die Vernehmlassung zu Änderungen des Zivilgesetzbuches betreffend das Stockwerkeigentum eröffnet (MM). Die Vernehmlassung dauert bis am 20. Dezember 2024.

    Vorgeschlagen werden insbesondere folgende Änderungen (detaillierte Übersicht):

    • explizite Regelung der Sondernutzungsrechte an gemeinschaftlichen Teilen der Liegenschaft (z.B. Parkplätze oder Gärten);
    • Regelung des Kaufes von Stockwerkeigentum ab Plan;
    • Klagerecht für die Schaffung eines Erneuerungsfonds für die Finanzierung notwendiger Unterhalts- und Erneuerungsarbeiten (jedoch kein oblig. Erneuerungsfond);
    • Stockwerkeigentum im Baurecht: Mehrheitsbeschluss soll künftig für Verlängerung eines Baurechts genügen.

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    Anfechtung von Anfangsmietzsinsen

    Im Vertragsrecht gilt der Grundsatz der Dispositionsmaxime. D.h., die Parteien sind frei, Vereinbarungen zu treffen und insbesondere Verträge gemäss ihren Vorstellungen und Wünschen zu schliessen. Der Gesetzgeber greift in diese Vertragsfreiheit ein, um insbesondere schwächere Parteien zu schützen.

    Im Mietrecht kann nach Unterzeichnung des Mietvertrages der Anfangsmietzins noch während 30 Tagen nach Schlüsselübergabe bei der Schlichtungsbehörde als missbräuchlich angefochten und dessen Herabsetzung verlangt werden (Art. 270 OR). Missbräuchlich ist ein Mietzins dann, wenn (alternativ):

    • die persönliche oder familiäre Notlage der Mieter:innen oder die Verhältnisse auf dem lokalen Wohnungsmarkt die Mieter:innen zum Vertragsschluss gezwungen haben, oder
    • der Mietzins gegenüber dem früheren Mietzins erheblich erhöht wurde. Gemäss Art. 256a Abs. 2 OR können Mieter:innen verlangen, dass ihnen die Höhe des Mietzinses aus dem früheren Mietverhältnis mitgeteilt werden.

    Eine formell zulässige Anfechtung führt jedoch noch nicht zu einer Reduktion des Mietzinses. Eine allfällige Herabsetzung richtet sich nach Art. 269 OR und Art. 269a OR. Somit ist massgebend, ob mit dem (neue) Mietzins ein übersetzter Ertrag aus der Mietsache erzielt wird oder ob der Mietzins auf einem offensichtlich übersetzten Kaufpreis beruht. Mietzinse sind insbesondere dann in der Regel nicht missbräuchlich, wenn sie im Rahmen der orts- oder quartierüblichen Mietzinse liegen (vgl. in diesem Zusammenhang das Urteil des Bundesgericht 4A_121/2023 vom 29. November 2023).

    Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (RK-N) hat gemäss Medienmitteilung vom 16. August 2024 vom Ergebnisbericht über die Vernehmlassung zu den parlamentarischen Initiativen 16.451 “Für Treu und Glauben im Mietrecht. Anfechtung des Anfangsmietzinses nur bei Notlage des Mieters” und 17.493 “Beweisbare Kriterien für die Orts- und Quartierüblichkeit der Mieten schaffen” Kenntnis genommen. Die Kommission hat “grossen Handlungsbedarf bei der Mietzinsgestaltung festgestellt”, da die momentane Rechtslage zu Rechtsunsicherheit führe und langwierige Verfahren begünstige. Die RK-N hat beide Vorlagen verabschiedet. Sie werden voraussichtlich in der Frühjahrssession 2025 im Nationalrat beraten.

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    Aus dem Bundesgericht: Irrtum betreffend Überbaubarkeit eines Grundstücks

    Das Bundesgericht hat sich mit Urteil 4A_406/2023 vom 5. März 2024 mit der Frage eines Grundlagenirrtums betreffend die Überbaubarkeit eines Grundstücks auseinander gesetzt. Der Streitigkeit lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

    Mit öffentlich beurkundetem Kaufvertrag vom 5. Juni 2019 verkaufte B der A AG eine Liegenschaft, welche sich teilweise in der “Dorfzone D” und teilweise in der Landwirtschaftszone befand. Am 13. Dezember 2019 reichte die A AG ein Baugesuch für ein Neubauprojekt auf der Parzelle ein. Am 15. Mai 2020 trat im Kanton Thurgau die Kleinsiedlungsverordnung (KSV) in Kraft. Der bislang in der “Dorfzone “” liegende Teil der Parzelle wurde im Anhang 2 der KSV einer Weiler- oder Erhaltungszone gemäss Art. 33 RPV zugwiesen. Die Baubewilligung wurde verweigert resp. nicht erteilt. Das entsprechende Rekursverfahren war im Urteilszeitpunkt hängig.

    Die A AG machte sodann gegenüber B einen Grundalgenirrtum über die Überbaubarkeit des Grundstücks geltend.

    Ein Vertrag ist für denjenigen unverbindlich, der sich beim Abschluss in einem wesentlichen Irrtum befunden hat (Art. 23 OR). Ein Irrtum ist namentlich dann wesentlich, wenn er einen bestimmten Sachverhalt betrifft, der vom Irrenden nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des Vertrags betrachtet wird (Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR). Neben der subjektiven Wesentlichkeit ist erforderlich, dass dieser Sachverhalt auch objektiv, vom Standpunkt oder nach den Anforderungen des loyalen Geschäftsverkehrs als notwendige Grundlage des Vertrags erscheint (BGE 136 III 528 E. 3.4.1).

    Das Bundesgericht bestätigt die Schlussfolgerung der Vorinstanz, wonach der Parzellenteil zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages in der Dorfzone gelegen habe. Ein wesentlicher Grundlagenirrtum könne somit nur über einen künftigen Sachverhalt vorliegen, nämlich über die künftig weiterhin bestehende Überbaubarkeit des betreffenden Parzellenteils.

    Der Irrtum gemäss Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR kann sich auf eine künftige Tatsache beziehen, wenn diese Tatsache im Zeitpunkt des Vertragsschlusses objektiv als sicher angesehen werden konnte (BGE 118 II 297, E. 2b). Vorausgesetzt wird zum, dass die Gegenpartei nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr hätte erkennen müssen, dass die Sicherheit des Eintritts des zukünftigen Ereignisses für die andere Partei Vertragsvoraussetzung war (BGE 118 II 297, E. 2b).

    Die Vorinstanz erwog, der betreffende Parzellenteil sei im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (Juni 2019) noch überbaubar gewesen und hätte bei Erhalt einer Baubewilligung bis längstens Mai 2020 noch überbaut werden können. Die Käuferin habe jedoch nicht mit Sicherheit annehmen dürfen, sie würde noch auf Monate oder Jahre hinaus eine Baubewilligung erhalten. Dem Kauf habe ein spekulatives Moment betreffend die Überbaubarkeit innegewohnt.

    Das Bundesgericht bestätigt das vorinstanzliche Urteil und weist die Beschwerde der A AG ab, soweit es darauf eintritt.

    Für die Praxis bedeutet diese Rechtsprechung, dass bei Grundstückkaufgeschäften mit geplanten Neubauprojekten zwingend frühzeitig – vor Abschluss des Kaufvertrages – die Realisierbarkeit (insb. Bewilligungsfähigkeit) des Projekts zu klären ist.

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    Stockwerkeigentum: Nachbesserungsanspruch eines Stockwerkeigentümers aus Werkkaufvertrag

    Das Bundesgericht hat sich im Urteil 4A_540/2022 vom 19. Dezember 2023 mit den Folgen einer einseitigen Änderung eines Bauprojekts durch die Unternehmerinnen – bzw. der einseitigen Einreichung eines neuen Baugesuchs – nach der Begründung von Stockwerkeigentum auseinandergesetzt. Es befasste sich namentlich mit der Frage, ob die Eigentumsrechte einzelner Stockwerkeigentümer verletzt worden sind. Dem Urteil unterlag folgender Sachverhalt:

    Die Verkäuferinnen (Beschwerdegegnerinnen) planten und erstellten in den Jahren 2013-2015 eine Terrassenüberbauung, hinsichtlich welcher in der Projektphase Stockwerkeigentum begründet wurde. Sie verkauften die einzelnen Einheiten teilweise bereits während der Projektphase. Der Beschwerdegegner kaufte in diesem Rahmen zwei Stockwerkeigentumseinheiten bzw. Anteile davon mittels Grundstückkaufvertrag mit Bauleistungspflicht. Ohne den Beschwerdeführer in Kenntnis zu setzen, reichten die Verkäuferinnen (selbst auch Miteigentümerinnen) parallel dazu neue Baugesuche ein, welche genehmigt und umgesetzt wurden. Gemäss Beschwerdeführer stellen diese, den gemeinsamen Boden betreffenden, Änderungen Verletzungen der Eigentumsrechte der übrigen Stockwerkeigentümer dar. Er fordert die Herstellung der baulichen Situation gemäss Begründung von Stockwerkeigentum mit Aufteilungsplänen und den dazugehörigen im Grundbuch angemerkten Reglementen, so weit nicht der Innenausbau betroffen war. Die Vorinstanz wies seine Berufung insbesondere ab, weil der Beschwerdeführer ausschliesslich seinen werkvertraglichen Nachbesserungsanspruch und keine anderen Gewährleistungsrechte oder Schadenersatzansprüche oder allfällige sachenrechtliche Ansprüche geltend machte. Eine an sich mögliche Nachbesserung sei ohne Zustimmung der übrigen Stockwerkeigentümer nicht möglich.

    Gemäss Beschwerdeführer ist für die Erstellung der Baute gemäss Begründungserklärung und Aufteilungsplänen kein Beschluss der Stockwerkeigentümer nötig. Das Bundesgericht führt hierzu aus, dass bei gemischten Verträgen mit kauf- und werkrechtlichen Elementen die werkvertraglichen Regeln über die Mängelhaftung nach Art. 368 ff. OR anzuwenden sind, sofern keine abweichenden Parteivereinbarungen vorliegen. Die von den Parteien für anwendbar erklärten SIA-Normen würden unter Umständen eine privilegierte Stellung zur Nachbesserung vorsehen. Der werkvertragliche Nachbesserungsanspruch des Beschwerdeführers richte sich gegen die Verkäuferinnen als Unternehmerinnen. Ein Unternehmen, das vertraglich die Erstellung einer Stockwerkeinheit übernimmt, sei gegenüber dem Besteller zur Ablieferung mängelfreier Werke verpflichtet. Dies betreffe auch Bauteile, die anderen Miteigentümern ebenfalls zur Nutzung zustehen. Dabei könne jeder einzelne Stockwerkeigentümer seine vertraglichen Nachbesserungsansprüche ungeteilt ausüben, falls diese gemeinsame Bauteile eines in Stockwerkeigentum aufgeteilten Werkes betreffen. Da die Verträge des Unternehmens mit den Stockwerkeigentümern in casu jedoch inhaltlich ungleich sind, ist gemäss Bundesgericht eine Koordination zwischen der Durchsetzung des werkvertraglichen Nachbesserungsanspruchs der einzelnen Erwerber und den Regeln über die Beschlussfassung der Stockwerkeigentümerschaft erforderlich. Vorliegend hatten die Beschwerdegegnerinnen die umstrittenen Projektänderungen nämlich nicht allen Miteigentümern vorgelegt. Somit haben einzelne Stockwerkeigentumseinheiten die betreffenden Abänderungen akzeptiert und die vertraglichen Erfüllungsansprüche der einzelnen Stockwerkeigentümer weichen voneinander ab. Das Bundesgericht spricht der Koordination vorliegend jedoch ihre Bedeutung ab, weil der Beschwerdeführer nicht in genügender Weise widerlegt habe, dass die übrigen Stockwerkeigentümer seinen Forderungen nie zustimmen würden. Vor diesem Hintergrund bestehe vorliegend somit einzig die Möglichkeit, den Rückbau gegen den Willen der anderen Stockwerkeigentümer durchzusetzen.

    Der Beschwerdeführer vertrat weiter die Ansicht, dass sich seine dinglichen Abwehrrechte, welche durch die unberechtigte Beeinträchtigung der gemeinschaftlichen Teile entstehen, mit seinen vertraglichen Nachbesserungsansprüchen decken. Das Bundesgericht verneint dies und erwägt insbesondere, dass die Interessen aller Stockwerkeigentümer zu berücksichtigen seien. Diese müssten mit dem Rückbau einverstanden oder davon offensichtlich nicht betroffen sein. Ferner handle es sich vorliegend – entgegen der Meinung des Beschwerdeführers – nicht um eine notwendige Verwaltungshandlung, ohne welche die Stockwerkseinheit unverkäuflich sei: Weder der Rückbau noch die Anpassung der Quoten an die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse würden einen Kauf verunmöglichen.

    Das Bundesgericht lässt schliesslich die Frage offen, inwiefern dem Verhältnis zu den übrigen Miteigentümern hinsichtlich der werkvertraglichen Fragen Bedeutung zukommt. Entscheidend sei, dass der Beschwerdeführer sein Anliegen unter Umgehung der übrigen Miteigentümer geklärt haben möchte und eine Erfüllung ohne vorherige Klärung der sachenrechtlichen Situation mit den betroffenen Stockwerkeigentümern anstrebt. Einem solchen Ansinnen sei nicht zu entsprechen.

    Das oberste Gericht schliesst damit, dass der Rückbau den Beschwerdegegnerinnen nicht zuzumuten ist, solange nicht feststeht, in welchem Umfang der Beschwerdeführer den Rückbau mit Blick auf die anderen Stockwerkeigentümer tatsächlich verlangen kann. Die Beschwerdegegnerinnen müssten wissen, wem sie Realerfüllung und gegenüber wem sie Schadenersatz zu leisten haben. Eine verbindliche Entscheidung sei lediglich möglich, wenn sämtliche Stockwerkeigentümer in die Frage des Rückbaus miteinbezogen werden. Damit wird die Beschwerde abgewiesen.

    Personalwohnungen und die Lex Koller

    Das Bundesgericht hat sich mit Urteil 2C_325/2022 vom 21. Dezember 2023 erneut mit Personalwohnungen im Zusammenhang mit der Lex Koller befasst.

    Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die A AG bezweckt die Errichtung, den Erwerb, das Halten, die Verwaltung, den Betrieb und die Veräusserung von Hotels und Personalhäusern in der Schweiz. Die Schwestergesellschaft C AG ist Betreiberin eines Hotels in Davos. Sämtliche Aktien der Muttergesellschaft B AG hält ein deutscher Staatsangehöriger. Die B AG (und somit auch ihre Töchter A AG und C AG) ist eine “Person im Ausland” gemäss Lex Koller.

    Die A AG beabsichtigt, ein Hotel zu erwerben und dieses der C AG als Personalhaus zur Verfügung zu stellen.

    Das Bundesgesetz über den Grundstückerwerb durch Personen im Ausland (Bewilligungsgesetz, BewG, Lex Koller) regelt die Frage, unter welchen Voraussetzungen und innerhalb welcher Grenzen sog. Personen im Ausland Grundstücke in der Schweiz oder Beteiligungen an Gesellschaften, deren Zweck der Erwerb von Grundstücken ist, erwerben können. Gemäss Art. 2 Abs. 2 Bst. a BewG bedarf der Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland keiner Bewilligung, wenn das Grundstück als ständige Betriebsstätte eines Handels-, Fabrikations- oder eines anderen nach kaufmännischer Art geführten Gewerbes, eines Handwerksbetriebes oder eines freien Berufes dient. Ein “klassisches” Hotel stellt eine solche Betriebsstätte dar.

    Gemäss geltendem Recht werden Personalwohnungen nicht von der Hotelbetriebsstätte-Ausnahme erfasst (so auch das Bundesgericht in BGE 147 II 281). Das Bundesgericht ankerkennt zwar, dass “das Hotelpersonal grundsätzlich auf die Zuverfügungsstellung von Personalwohnungen angewiesen ist und auf dem betroffenen, lokalen Mietmarkt schwer Wohnraum zu finden ist”, kommt jedoch zum Schluss, dass mangels Rechtsgrundlage ein bewilligungsfreier Erwerb von Personalwohnungen durch eine Person im Ausland nicht zulässig sei (E. 4.7).

    Im vorliegenden Urteil hat das Bundesgericht festgehalten, dass ein nachträglicher Erwerb von Personalwohnungen nicht als bewilligungsfreier Miterwerb im Sinne von Art. 2 Abs. 3 BewG, sondern als späterer bewilligungspflichtiger Zuerwerb zu qualifizieren sei.

    Offen bleibt die Frage, weshalb das Verfahren nicht sistiert worden ist, da das Parlament am 25. September 2023 (Amtliches Bulletin) mit der Annahme der Motion 22.4413 Schmid den Bundesrat beauftragt hat, eine Gesetzes- resp. Verordnungsanpassung vorzunehmen (vgl. Beitrag vom 4. Oktober 2023).

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    Bundesrat will Position von Grundstückbesitzer:innen bei Hausbesetzungen stärken

    Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 15. Dezember 2023 die Botschaft zur Verbesserung der Stellung von Grundstückbesitzer:innen verabschiedet. Er ging hierbei auf die Forderungen der Motion Feller 15.3531 ein, welche die Beseitigung existierender Hürden im geltenden Recht für die Wiederbemächtigung des Besitzes durch den/die Grundstückbesitzer:in forderte (MM).

    Eckdaten: Der Bundesrat schickte eine Änderung des Schweizer ZGB zur Besserstellung von Grundstückbesitzer:innen am 2. September 2020 in die Vernehmlassung und nahm am 29. Juni 2022 die Resultate der Vernehmlassung zur Kenntnis. Am 15. Dezember 2023 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zur Weiterbearbeitung durch das Parlament.

    Konkrete Änderungen: Der Bundesrat entschied einerseits, dass der/die Grundstückbesitzer:in zur eigenständigen Wiederbemächtigung des Grundstücks weiterhin «sofort» handeln muss. Dies diene der Rechtssicherheit und verhindere, dass das staatliche Gewaltmonopol «aufgeweicht» wird. Gleichzeitig legte der Bundesrat fest, dass die Frist zur Handlung dann beginnt, wenn der/die Besitzer:in Kenntnis von der Hausbesetzung erhält – sofern dies bei gebotener Sorgfalt nicht bereits früher möglich gewesen wäre. Gemäss dem neuen Gesetzesentwurf kann Selbsthilfe angewendet werden, sofern amtliche Hilfe nicht rechtzeitig verfügbar ist und sich der/die Besitzer:in jeder nach den Umständen nicht gerechtfertigten Gewalt enthält (vgl. Art. 926 Abs. 4 E-ZGB). Die Zulässigkeit der Selbsthilfe hängt damit von den Umständen im Einzelfall ab.

    Der neue Gesetzesentwurf verzichtet – vor dem Hintergrund der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen – auf direkte Vorgaben zur Räumung von Hausbesetzungen. Immerhin sehen die Änderungen des Bundesrats eine Verminderung von prozessualen Hürden zur Räumung von Grundstücken vor und gewährt Grundstückbesitzer:innen insbesondere die Möglichkeit zur gerichtlichen Verfügung gegen unbekannte Personen und damit zur rascheren Zwangsräumung. Ferner können Besitzer:innen gerichtliche Verfügungen neu auf Antrag durch eine Behörde anbringen lassen.

    Zur Medienmitteilung

    Rechtliche Inputs :

    • Unterscheidung zwischen Besitz und Eigentum: Die Vorschriften, welche die Hausbesetzung betreffen, knüpfen am Grundstückbesitz an (sog. Besitzesschutz). (Grund-)Besitzer:innen sind von (Grund-)Eigentümer:innen zu unterscheiden: Ein:e Besitzer:in hat die tatsächliche Gewalt über eine Sache (vorliegend das Grundstück) und übt die Gewalt willentlich über diese Sache bzw. das Grundstück aus (vgl. Art. 919 Abs. 1 ZGB; Ernst/Zogg, BSK ZGB II, Aufl. 7, Art. 919 N 15 ff.). Demgegenüber hat ein:e Eigentümer:in alle Befugnisse an einer Sache, die im Rahmen des Rechts möglich sind, wobei diese Befugnisse «die Sache in ihrer Gesamtheit» betreffen. Eigentümer:innen haben somit namentlich das Recht, die Sache zu verkaufen oder Eingriffe von Dritten abzuwehren (vgl. Art. 641 ZGB; Wolf/Wiegand, Vor Art. 641 ff., N 42 und Art. 641 N 25, 31 ff.). Eigentümer:innen können zugleich Besitzer:innen sein, wenn sie Eigentum an einer Sache bzw. an einem Grundstück haben und dort tatsächliche Gewalt ausüben.
      Beispiel: A mietet eine Wohnung des Vermieters B, dem die Wohnung gehört. B ist der Eigentümer der Wohnung. Er kann darüber bestimmen, was er damit machen möchte, und könnte diese verkaufen. A ist Mieter und hat damit tatsächliche Gewalt über die Wohnung. A ist Besitzer. Vermietet B die Wohnung nicht und wohnt er selbst darin, ist er zugleich Eigentümer und Besitzer.
    • Kantonale Regelung (vgl. Mabillard, S. 156 ff.): Seit Inkrafttreten des Besitzesschutzes auf Bundesebene (Art. 926 ff. ZGB) wurde der Besitzesschutz in den Kantonen weitgehend vereinheitlicht. Dennoch haben die kantonalen Behörden in der Rechtsanwendung und Rechtsdurchsetzung sowie in der Umsetzung des Besitzesschutzes nach wie vor grosse Spielräume. Im Bereich von Hausbesetzungen ist heute noch das kantonale (Polizei-)Recht massgebend. Nachstehend werden beispielhaft die Voraussetzungen für eine Räumung für die Kantone Bern, Zürich und Genf aufgezeigt:
    • Bern: Gemäss Berner Praxis setzt eine polizeiliche Räumung einen Straf- sowie einen Räumungsantrag voraus. Ein vorheriger Zivilprozess ist nicht notwendig. Liegen die Voraussetzungen zur polizeilichen Räumung vor, wird die Räumung des besetzten Grundstücks unter Berücksichtigung des Verhältnismässigkeits- und des Opportunitätsprinzips durchgeführt. Die Praxis der polizeilichen Räumung wird von einem Präventions- und Vermittlungsangebot der Zwischennutzungsstelle der Immobilienverwaltung der Stadt Bern begleitet. Zurzeit wird eine Anpassung der Berner Praxis an die Zürcher Praxis diskutiert (vgl. S. 175 ff. des Gutachtens).
    • Zürich: Die Zürcher Stadtpolizei kennt mit dem Massnahmenkonzept «Prävention, Legalisierung, Strafverfolgung und Räumung» eine mehrstufige Praxis. Nach dieser Praxis sind für die polizeiliche Räumung durch die Stadtpolizei vorausgesetzt: Ein gültiger Strafantrag sowie entweder «eine rechtskräftige Abbruchbewilligung, eine rechtskräftige Baubewilligung einschliesslich Baufreigabe und Belege der unverzüglichen Aufnahme der Abbruch- bzw. Bauarbeiten, ein Vertrag zur Nutzung der Liegenschaft nach deren Räumung oder eine Gefährdung der Sicherheit von Personen bzw. von denkmalgeschützten Bauteilen oder Einrichtungen». Die Stadtpolizei Zürich stützt sich dabei in erster Linie auf ein Merkblatt für Hausbesetzungen, das vom Stadtrat erlassen wurde (vgl. S. 183 ff. des Gutachtens).
    • Genf: Das Vorgehen gegen Hausbesetzungen ist auf der Grundlage von kantonalen Rechtsgrundlagen (vgl. namentlich Art. 1 Abs. 3 lit. a LPol GE) möglich. Hierfür notwendig ist ein Strafbefehl und es muss der jeweilige Einzelfall berücksichtigt werden. Für die Genfer Polizei ist in erster Linie insbesondere die Kommunikation mit dem/der Grundbesitzer:in zentral (vgl. S. 158 ff. des Gutachtens).

    Zum vollständigen Gutachten zur Motion Feller von Dr. iur. Ramon Mabillard LL.M : Besitzesschutz bei Hausbesetzungen

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    Lex Koller: Personalwohnungen als Betriebsstätte

    Das Bundesgesetz über den Grundstückerwerb durch Personen im Ausland (Bewilligungsgesetz, BewG, Lex Koller) regelt die Frage, unter welchen Voraussetzungen und innerhalb welcher Grenzen sog. Personen im Ausland Grundstücke in der Schweiz oder Beteiligungen an Gesellschaften, deren Zweck der Erwerb von Grundstücken ist, erwerben können.

    Gemäss Art. 2 Abs. 2 Bst. a BewG bedarf der Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland keiner Bewilligung, wenn das Grundstück als ständige Betriebsstätte eines Handels-, Fabrikations- oder eines anderen nach kaufmännischer Art geführten Gewerbes, eines Handwerksbetriebes oder eines freien Berufes dient. Ein “klassisches” Hotel stellt eine solche Betriebsstätte dar.

    Gemäss geltendem Recht werden Personalwohnungen nicht von der Hotelbetriebsstätte-Ausnahme erfasst (so auch das Bundesgericht in BGE 147 II 281). Das Bundesgericht ankerkennt zwar, dass “das Hotelpersonal grundsätzlich auf die Zuverfügungsstellung von Personalwohnungen angewiesen ist und auf dem betroffenen, lokalen Mietmarkt schwer Wohnraum zu finden ist”, kommt jedoch zum Schluss, dass mangels Rechtsgrundlage ein bewilligungsfreier Erwerb von Personalwohnungen durch eine Person im Ausland nicht zulässig sei (E. 4.7).

    Mit Motion 22.4413 hat Ständerat Schmid eine entsprechende Anpassung der Bewilligungsverordnung angestossen und beantragt, Art. 3 BewV sei wie folgt anzupassen: “Die Verwendung des Grundstückes für die Erstellung oder gewerbsmässige Vermietung von Wohnraum, der nicht zu einem Hotel oder Apparthotel gehört, begründet keine Betriebsstätte im Sinne von Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a BewG. Davon ausgenommen ist Wohnraum, der einem Hotel oder Apparrthotel zur Unterbringung von betriebsnotwendigem Personal dient.”

    Der Nationalrat hat den Vorstoss – entgegen des Antrags des Bundesrates – am 25. September 2023 als Zweitrat angenommen (Amtliches Bulletin) und somit den Bundesrat beauftragt, eine entsprechende Anpassung der BewV vorzunehmen.

    Eine Anpassung der gesetzlichen Grundlagen um den Erwerb von Personalwohnungen zu ermöglichen entspricht einem ausgewiesenen Bedürfnis. Offen ist, ob eine Anpassung auf Verordnungsstufe reicht, oder ob die Grundlage nicht in das BewG gehören würde. Ferner wäre es im Sinne der Lex Koller sicher wünschenswert, wenn die vorgesehene Anpassung Schutzmechanismen vorsieht, um das Risiko einer späteren Zweckentfremdung und somit Verletzung der Lex Koller zu minimieren.

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    Nachbarrecht: Wer ist Eigentümer:in einer Stützmauer?

    Das Bundesgericht hat sich im Urteil 5A_665/2022 vom 4. April 2023 (zur Publikation vorgesehen) mit der Frage der Eigentümerschaft und der Unterhaltspflicht an einer Holzpalisadenwand auseinandergesetzt.

    Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

    Die Beschwerdeführerin ist seit 2015 Eigentümerin des Grundstückes A. Bereits im Jahr 1988 wurde das tiefer liegende Nachbarsgrundstück B von der verstorbenen X erworben. An ihre Stelle traten ihre Erben als Beschwerdegegner in den Prozess ein.

    Zwischen den beiden Grundstücken A und B befindet sich eine Böschung. Zur Sicherung der zwecks Raumgewinnung auf dem höher gelegenen Grundstück A vorgenommenen Aufschüttung wurde eine Holzpalisadenwand erstellt. Im Verlaufe der Jahre verschob sich die entsprechende Wand weiter nach unten auf das Grundstück B. Die Beschwerdeführerin hat sodann an der Holzpalisadenwand provisorisch Schaltafeln angebracht.

    Mittels erstinstanzlicher Klage wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet, die provisorischen Schaltafeln zu entfernen und das Grundstück B mittels Böschung oder einer neuen Stützmauer entlang der Parzellengrenze zu sichern. Diesen Entscheid focht die Beschwerdeführerin beim Obergericht an, jedoch ohne Erfolg.

    Nun gelang sie mittels Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht mit dem Begehren, die Klage der Eigentümer des Grundstückes B sei abzuweisen.

    Stehen Vorrichtungen zur Abgrenzung zweier Grundstücke, wie Mauern, Hecken, Zäune, auf der Grenze, so wird Miteigentum der beiden Nachbarn vermutet (Art. 670 ZGB). Diese Vermutung lässt sich grundsätzlich auf zwei Arten widerlegen: durch Rechtsgeschäft zwischen den Nachbarn (z.B. Bestellung eines Überbaurechts) oder durch Nachweis entgegenstehenden Ortsgebrauchs i.S.v. Art. 5 Abs. 2 ZGB (E. 3.3.2).

    Nach Art. 686 Abs. 1 ZGB sind die Kantone befugt, die Abstände festzulegen, die bei Grabungen und Bauten zu beobachten sind. Ausserdem bleibt ihnen vorbehalten, weitere Bauvorschriften aufzustellen (Abs. 2). Es handelt sich hierbei um einen echten Rechtsetzungsvorbehalt i.S.v. Art. 5 Abs. 1 ZGB (E. 3.4).

    Gemäss Art. 79i EG ZGB des Kantons Bern gilt eine Stützmauer, welche auf der Grenze steht, als Bestandteil des Grundstücks, dessen Eigentümer sie erstellt hat. Kann dies nicht festgestellt werden, so wird Miteigentum beider Nachbarn angenommen (E. 3.5.1).

    Die Holzpalisadenwand wurde unbestrittenermassen vom Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin erstellt. Ob diese seinerzeit an oder auf die Grundstückgrenze gestellt worden ist, spielt mit Bezug auf die Frage, wer Eigentümer:in ist, keine Rolle. Falls die Wand auf die Grenze gebaut worden ist, wurde der Rechtsvorgänger gestützt auf Art. 79i EG ZGB des Kantons Bern Eigentümer (E. 4.2). Falls die Mauer lediglich an die Grenze gebaut worden ist, liegt sie ohnehin auf dem Grundstück A und somit im Eigentum der Beschwerdeführerin.

    Schliesslich befasst sich das Bundesgericht mit der Frage, ob sich die Beschwerdeführerin betreffend Unterhaltspflicht auf Art. 741 Abs. 2 ZGB berufen kann. Das Bundesgericht verneint vorliegend die Anwendbarkeit, da die Bestimmung für Vorrichtungen, die zur Ausübung einer Dienstbarkeit gehören, gilt (E. 5).

    Das Bundesgericht erachtete die Beschwerde in Zivilsachen als unzulässig und die subsidiäre Verfassungsbeschwerde als unbegründet, soweit darauf eingetreten werden konnte.

    Lex Koller: Rückforderungsanspruch nach Art. 26 BewG

    Das Bundesgesetz über den Grundstückerwerb durch Personen im Ausland (BewG, Lex Koller) bezweckt, “die Überfremdung des einheimischen Bodens zu verhindern”. Dem Grundsatze nach müssen Personen im Ausland einen Grundstückerwerb bewilligen lassen (Art. 2 Abs. 1 BewG). Dies setzt voraus, dass ein Bewilligungsgrund (z.B. der Erwerb einer Ferienwohnung) vorliegt. Daneben kennt das Gesetz Ausnahmen, d.h. nicht bewilligungspflichtige Geschäfte, wie beispielsweise der Erwerb einer Betriebsstätte.

    Was sind die Rechtsfolgen eines Grundstückerwerbes, welcher ohne die erforderliche Bewilligung erfolgte?

    Das Bundesgericht hat sich mit Urteil 4A_378/2022 vom 30. März 2023 mit folgendem Sachverhalt auseinandergesetzt:

    Die Parteien schlossen einen “Darlehensvertrag” in der Höhe von CHF 1.8 Mio. zwecks Erwerbes eines Mehrfamilienhauses. Gemäss Vorinstanz war die Beschwerdegegnerin (Darlehensgeberin) im Zeitpunkt der Darlehensgewährung als ausländische Person im Sinne von Art. 5 Abs. 1 lit. c BewG (ausländische Beherrschung) zu qualifizieren. Das Darlehen der Beschwerdegegnerin habe den Erwerb eines Mehrfamilienhauses durch die Beschwerdeführerin (Darlehensnehmerin) ermöglicht und komme aus Sicht der Beschwerdegegnerin einem dinglichen Erwerb der Liegenschaft gleich. Folglich sei der Erwerb mittels dieses Darlehens bewilligungspflichtig gewesen.

    Das Bundesgericht hält fest, dass Rechtsgeschäfte über einen Grundstückserwerb nichtig werden, wenn der Erwerber das Rechtsgeschäft vollzieht, ohne um die Bewilligung nachzusuchen (Art. 26 Abs. 3 BewG). Die Nichtigkeit hat zur Folge, dass Leistungen innerhalb eines Jahres zurückgefordert werden können, seit der Kläger Kenntnis von seinem Rückforderungsanspruch hat (Art. 26 Abs. 4 lit. b BewG). Die Rückforderung von Geldleistungen gemäss Art. 26 Abs. 4 lit. b BewG erfolgt nach den Bestimmungen über die ungerechtfertigte Bereicherung gemäss Art. 62 ff. OR. Vorliegend war der Darlehensvertrag nichtig und von Anfang an (ex tunc) unwirksam. Entsprechend lag bereits mit Auszahlung der Darlehenssumme an die Beschwerdeführerin ein fälliger Rückforderungsanspruch vor.

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