FIFA, Puma und die WM…

Das Bundesgericht hat sich mit Urteil 4A_518/2021 und 4A_526/2021 vom 6. April 2022 mit einer markenrechtlichen Streitigkeit zwischen FIFA und PUMA auseinandergesetzt.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: PUMA SE liess zwei Marken mit den Inhalten «PUMA WORLD CUP QATAR 2022» und «PUMA WORLD CUP 2022» eintragen. FIFA ist Inhaberin der beiden hinterlegten Marken «QATAR 2022» und «World CUP 2022». Da die Marken der PUMA SE laut FIFA irreführend sind, erhob die FIFA Klage gegen die PUMA SE und verlangte deren Löschung. Zudem solle es der PUMA SE verboten werden, die beiden Marken im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit Accessoires, Bekleidungsstücken, Sportartikeln etc. zu gebrauchen. Darauf klagte PUMA SE gegen FIFA und verlangte die Löschung der Marken der FIFA, mit der Begründung, die Marken der FIFA seien nicht unterscheidungskräftig und daher nicht schutzfähig.

Die Vorinstanz bzw. das Handelsgericht erachtete die beiden Marken der PUMA SE als nicht irreführend und die Marken der FIFA als unterscheidungskräftig. Im Ergebnis wies die Vorinstanz beide Klagen ab. Gegen dieses Urteil erhoben FIFA und PUMA SE beim Bundesgericht Beschwerde.

Zur Beurteilung der Klage der FIFA hält das Bundesgericht unter Verweis auf das Gesetz und die entsprechende Literatur Folgendes fest: Irreführende Zeichen sind vom Markenschutz absolut ausgeschlossen. Dadurch sollen Marktteilnehmer insbesondere in ihrem Vertrauen in die Zeicheninformationen nicht enttäuscht werden. Zu prüfen ist, ob das Zeichen geeignet ist, beim Abnehmer falsche Erwartungen über das gekennzeichnete Angebot zu wecken. Dies ist insbesondere der Fall, wenn das Zeichen zu einem unrichtigen Rückschluss auf die geschäftlichen Verhältnisse des Markeninhabers führt.

Vorliegend wecken die Bestandteile «PUMA» und «WORLD CUP QATAR 2022» bzw. «WORLD CUP 2022» bei den angesprochenen Verkehrskreisen laut Bundesgericht die Erwartung einer besonderen Beziehung des Markeninhabers zu der von der FIFA veranstalteten Fussball-Weltmeisterschaft 2022. Die PUMA SE sei tatsächlich weder offizielle Sponsorin noch Partnerin noch (Mit-)Veranstalterin der Fussball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar. Entsprechend würden die bei den angesprochenen Verkehrskreisen geweckten Erwartungen enttäuscht. Daher wurden die Marken der PUMA SE durch das Bundesgericht als irreführend bezeichnet, weshalb sie aus dem Markenregister zu löschen sind.

Zur Beurteilung der Klage der PUMA SE verweist das Bundesgericht auf seine ständige Rechtsprechung: Als originär unterscheidungskräftig ist ein Zeichen schützbar, wenn es aufgrund einer minimalen ursprünglichen Unterscheidungskraft geeignet ist, die mit ihr gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu individualisieren, und es dem Verbraucher dadurch ermöglicht, diese im allgemeinen Angebot gleichartiger Waren und Dienstleistungen wiederzuerkennen. Können Zeichen insbesondere aufgrund ihres beschreibenden Gehalts die markenspezifische Unterscheidungsfunktion nicht erfüllen, sind sie nicht schutzfähig.

Das Bundesgericht kam zum Ergebnis, dass es den beiden Marken der FIFA an der originären Unterscheidungskraft fehlt. Die beiden Marken seien für die Sportveranstaltung selbst als auch für die mit ihrer Durchführung verbundenen Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibend. Das Publikum verbinde diese Marke mit dem Sportereignis als solches und sehe darin keinen Hinweis auf einen Hersteller oder Veranstalter. Die beiden Marken der FIFA sind daher laut Bundesgericht mangels originärer Unterscheidungskraft als Marken nicht schutzfähig und aus dem Markenregister zu löschen. Da die Vorinstanz auf Ausführungen zum Begehren der FIFA, der PUMA SE den Gebrauch der irreführenden Marken zu verbieten, verzichtete, wies das Bundesgericht die Sache diesbezüglich zur Beurteilung zurück an die Vorinstanz.

Mieterausweisung bei laufendem Kündigungsanfechtungsverfahren

Das Bundesgericht hat sich mit Urteil 4A_103/2022 vom 28. März 2022 mit einer Mieterausweisung auseinandergesetzt.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Den beiden Mietern wurde mit amtlich genehmigten Formularen wegen Zahlungsrückstands gekündigt. Da die Mieter nach Ablauf des Mietverhältnisses weiterhin im Mietobjekt blieben, stellte der Vermieter beim zuständigen Gericht ein Ausweisungsbegehren. Dieses wurde sowohl in erster als auch in zweiter Instanz gutgeheissen.

Gegenstand der Erwägungen war insbesondere die Frage, ob ein (späteres) Ausweisungsbegehren bei laufendem Kündigungsanfechtungsverfahren missbräuchlich erscheint. Das Bundesgericht bestätigte diesbezüglich seine Rechtsprechung, wonach ein Begehren um Ausweisung eines Mieters im Verfahren um Rechtsschutz in klaren Fällen grundsätzlich auch dann zulässig ist, wenn der Mieter die vorangehende Kündigung gerichtlich angefochten hat und dieses Verfahren hängig ist. Massgebend ist, dass der Sachverhalt erstellt und die Rechtslage klar ist. Dies war laut Bundesgericht vorliegend der Fall.

Da die Beschwerde im Ergebnis laut Bundesgericht auch in Bezug auf die anderen Einwände der Mieter offensichtlich unbegründet erschien, wies das Bundesgericht die Beschwerde ab und schloss sich den beiden Vorinstanzen an.

Aus dem Bundeshaus: Nein heisst Nein

Der Bundesrat hat sich in seiner heutigen Stellungnahme zur Ausdehnung des Vergewaltigungs-Tatbestandes geäussert.

Künftig soll wegen Vergewaltigung bestraft werden, wer gegen den Willen des Opfers handelt, auch wenn keine Nötigung des Opfers durch Gewalt, Drohung oder psychischen Druck vorliegt. Es genügt, dass der Täter oder die Täterin vorsätzlich den verbal oder nonverbal geäusserten Willen des Opfers missachtet.

Die parlamentarische Beratung und Verabschiedung sind noch ausstehend.

Werkeigentümerhaftung – Selbstverschulden

Das Bundesgericht hat sich mit Urteil 4A_536/2021 vom 28. Februar 2022 mit der Haftung einer Werkeigentümerin auseinandergesetzt.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Kundendiensttechniker stürzte in einer Werkstatt in eine Arbeitsgrube für Pistenfahrzeuge und verletzte sich hierbei. Der Geschädigte hatte das Pistenfahrzeug, welches die Arbeitsgrube bei seinem Eintreffen noch bedeckte, zurückfahren lassen.

Die Klage des Geschädigten wurde in erster Instanz abgewiesen, in zweiter Instanz indessen gutgeheissen. Das Bundesgericht bestätigte nun das Urteil der zweiten Instanz. Gegenstand der Erwägungen war insbesondere die Thematik der Unterbrechung des Kausalzusammenhangs bzw. der Ausschluss der Haftung der Werkeigentümerin durch ein allfälliges Selbstverschulden des Geschädigten.

Das Bundesgericht bestätigt hiermit seine Rechtsprechung, wonach eine vom Geschädigten oder einem Dritten gesetzte Ursache den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen der vom Schädiger gesetzten Ursache und dem Schaden nur unterbricht, wenn sie einen derart hohen Wirkungsgrad aufweist, dass die vom Schädiger gesetzte Ursache nach wertender Betrachtungsweise als rechtlich nicht mehr beachtlich erscheint. Entscheidend ist die Intensität der beiden Ursachen. Erscheint die eine bei wertender Betrachtung als derart intensiv, dass sie die andere gleichsam verdrängt und als unbedeutend erscheinen lässt, wird eine Unterbrechung des Kausalzusammenhangs angenommen. Es erfolgt somit eine Gegenüberstellung der Verantwortung der Parteien für jede (Teil-)Ursache.

Eine Unterbrechung des Kausalzusammenhangs durch das Selbstverschulden des Geschädigten wurde vorliegend verneint. Da der Geschädigte die Kontrolle durchgeführt hat, obgleich er um die Absturzgefahr wusste und diese mitverantwortet hatte, wurde die Haftungsquote der Werkeigentümerin indessen um 50% reduziert.

Fuss- und Fahrwegrecht – Mehrbelastung

Das Bundesgericht hat sich mit Urteil 5A_714/2021 vom 8. März 2022 mit einem Fuss- und Fahrwegrecht aus dem Jahr 1979 auseinander gesetzt.

Der Sachverhalt zeigt sich wie folgt: Das auf dem begünstigten Grundstück stehende Einfamilienhaus soll abgebrochen und durch ein Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen, einer Sammelgarage für Oldtimer im Erdgeschoss und einer Tiefgarage mit 19 Plätzen sowie vier Abstellplätzen im Freien ersetzt werden. Die Eigentümer des mit dem Fuss- und Fahrwegrecht belasteten Grundstücks wehrten sich gegen die erteilte Baubewilligung und bestreiten die Zulässigkeit der Beanspruchung des Wegrechts sowohl für die Erwerber der Tiefgaragenplätze als auch derjenigen Person, die Oldtimer in der Garage einstellen möchte.

Ausgangspunkt für die Ermittlung von Inhalt und Umfang einer Dienstbarkeit ist der Grundbucheintrag (Art. 738 ZGB). Nur wenn sein Wortlaut unklar ist, darf auf den Erwerbsgrund (Begründungsakt) zurückgegriffen werden. Ist auch dieser nicht schlüssig, kann sich der Inhalt der Dienstbarkeit aus der Art ergeben, wie sie während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist.

Der vorliegende Grundbucheintrag lautet lediglich “Fuss- und Fahrwegrecht”. Der Erwerbsgrund lautet wie folgt: “Der jeweilige Eigentümer der Liegenschaft […] räumt dem jeweiligen Eigentümer der Liegenschaft […] das freie und ungehinderte Fuss- und Fahrwegrecht auf der […] Zufahrtsstrasse ein. […]. Die Ausübung des Fahrwegrechts zu gewerblichen Zwecken ist untersagt.”

Vorliegend wurde ein gewerblicher Zweck verneint. Auch das Vorliegen einer unzumutbaren Mehrbelastung wurde abgetan. Die Eigentümer des belasteten Grundstücks müssen somit einen Mehrverkehr hinnehmen.

Empfehlung: Bei der Errichtung von Dienstbarkeiten sollten solche – hypothetische spätere Nutzungen – mitberücksichtigt und falls unerwünscht durch eine sorgfältige Formulierung ausgeschlossen werden.

Leihmutterschaft – Eintragung im Personenstandsregister

Das Bundesgericht hat sich mit Urteil 5A_545/2020 vom 7. Februar 2022 mit der registerrechtlichen Behandlung von im Ausland erfolgten Geburten (Leihmutterschaft) auseinandergesetzt.

Die Vorinstanz war zum Ergebnis gelangt, die unverheiratete Leihmutter sei (durch Geburt) rechtliche Mutter und der Wunschvater (zugleich Samenspender) durch im Ausland erfolgte Anerkennung rechtlicher Vater der beiden Leihmutterschaftskinder (Zwillinge). Eine Anerkennung der Mutterschaft durch die Wunschmutter sei nach schweizerischem Recht hingegen nicht möglich. Für die Herstellung des Kindesverhältnisses zur Wunschmutter sei der Weg der Stiefkindadoption zu beschreiten.

Das Bundesgericht hat die dagegen erhobene Beschwerde abgewiesen, sofern darauf einzutreten war.

Gemäss georgischen Gesetzen werden – wie auch in Russland und der Ukraine – Wunscheltern kraft Gesetz als rechtliche Eltern der Kinder betrachtet. In der Schweiz ist die Leihmutterschaft verboten.

Der Bundesrat hat in Erfüllung des Postulats 18.3714 am 17. Dezember 2021 einen Bericht zum «Reformbedarf im Abstammungsrecht» verabschiedet und darin anerkannt, dass das Abstammungsrecht nicht mehr in jeder Hinsicht die gesellschaftliche Realität abdeckt.

Bundesrat publiziert Bericht zu Konkubinat und Pacs

Der Bundesrat hat am 30. März 2022 einen Bericht zum Konkubinat nach geltendem Recht und zu einem Rechtsinstitut nach dem Modell des französischen Pacs (pacte civil de solidarité) verabschiedet (Medienmitteilung).

Der Bundesrat kommt zum Schluss, dass ein Pacs nach Schweizer Art eine mögliche Alternative zur Ehe und zum Konkubinat sein könnte. Der Bericht stellt eine Grundlage für die entsprechende gesellschaftliche und rechtspolitische Diskussion dar.

Digitalisierung des Notariats

Die Rechtskommission des Ständerats hat sich diese Woche mit verschiedenen Geschäften befasst, die eine Stärkung der digitalen staatlichen Infrastruktur in der Schweiz anstreben (Medienmitteilung). Sie ist u.A. einstimmig auf eine Vorlage eingetreten, die die Digitalisierung im Notariat fördern will (Entwurf Notariatsdigitalisierungsgesetz).

Nach geltendem Recht sind elektronische Prozesse ohne Medienbruch nicht möglich, falls das Geschäft einen Vorgang beinhaltet, für den die Formvorschrift der öffentlichen Beurkundung einzuhalten ist.

Nach dem Vorschlag des Bundesrates sollen Urkundspersonen künftig elektronische Originale von öffentliche Urkunden (in einigen Kantonen auch Urschriften genannt) erstellen können. Dies ist beispielsweise auch Voraussetzung für (voll-)elektronische Unternehmensgründungen.

Weitergehende Informationen finden sich auf: https://www.bj.admin.ch/bj/de/home/wirtschaft/e-beurkundungen.html

Jus-Student:innen gesucht

Wir sind auf der Suche nach Jus-Student:innen, die uns auf Abruf bei sämtlichen in einer Anwaltskanzlei anfallenden Arbeiten unterstützen. Dies können beispielsweise Recherchen, das Führen von Telefonaten, Lektorate, Kopier-/Formatierungsarbeiten oder Botengänge, sprich juristische aber auch nicht juristische Arbeiten sein. Längerfristig besteht die Option, im Anschluss an das Studium für ein Rechtspraktikum in der Kanzlei zu bleiben.

Gesucht werden Jus-Student:innen, die relativ flexibel auf Anfragen reagieren können. Eine selbständige, anpackende, zuverlässige und pragmatische Arbeitsweise ist für diese Stelle ein “must”. Ein Bachelorabschluss sowie ein Führerschein sind von Vorteil.

Fühlst Du Dich angesprochen? Wir freuen uns über die Zustellung Deines Dossiers an Rahel Müller (mueller@bm-recht.ch).

Regeln der Baukunde

Der Bundesrat hat an seiner heutigen Sitzung den Bericht in Erfüllung des Postulates Flach 19.3894  «Den Wildwuchs und den Wirrwarr bei den Regeln der Baukunde beenden» verabschiedet.

Der Bundesrat empfiehlt die Einführung einer Gesetzesgrundlage,  «um die Komplexität und Unübersichtlichkeit bei den Vollzugshilfen im Bauwesen einzudämmen».