Das Bundesgericht befasste sich mit Urteil 4A_357/2022 vom 30. Januar 2023 mit der Frage, inwiefern bei einer (Vollzeit-)Beschäftigung einer Arbeitnehmerin eine Ferienentschädigung zu entrichten ist.
Folgender Sachverhalt lag dem Urteil zugrunde:
Die Arbeitnehmerin (Beschwerdegegnerin) war bei der Arbeitgeberin (Beschwerdeführerin) als Betriebsarbeiterin mit einem 100 %-Pensum im Stundenlohn angestellt. Im Arbeitsvertrag wurde eine Ferienentschädigung von 8.33 % bzw. 10. 64 % vereinbart. Aufgrund der Corona-Pandemie ordnete die Arbeitgeberin Zwangsferien an. In der Folge verlangte die Arbeitnehmerin unter anderem die Bezahlung einer Ferienentschädigung. Die gestellten Forderungen wurden von den Vorinstanzen gutgeheissen. Nun gelangt die Arbeitgeberin mittels Beschwerde an das Bundesgericht und beantragt die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides in Bezug auf die Ferienentschädigung.
Die Arbeitgeberin rügt eine Verletzung von Art. 329d Abs. 1 OR. Sie wirft der Vorinstanz vor, die Rechtsprechung nicht beachtet zu haben, welche eine Abweichung dieser Gesetzesnorm in gewissen Fällen rechtfertigt. Art. 329d Abs. 1 OR sieht vor, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Ferien vergüten sowie angemessen entschädigen muss. Gemäss Rechtsprechung bedeutet dies, dass der Arbeitnehmer während seinen Ferien lohmässig nicht schlechter gestellt werden darf, wie wenn er gearbeitet hätte (BGE 136 III 283). Ferner ist es nicht zulässig, dass die Ferien während der Dauer des Arbeitsverhältnisses durch Geld oder andere Vergütungen abgegolten werden.
Dieses Verbot ist allerdings bei unregelmässigen Arbeitsverhältnissen schwierig umzusetzen, weswegen das Bundesgericht eine Abweichung des Gesetzestextes für spezifische Fälle zulässt. Die Voraussetzungen dafür sind: Eine unregelmässige Beschäftigung, eine klare Ausscheidung des für die Ferien bestimmten Lohnanteiles, wenn ein schriftlicher Arbeitsvertrag vorliegt und die explizite Ausweisung des bestimmten Lohnanteiles in den einzelnen Lohnabrechnungen (BGE 129 III 493). Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, muss der Arbeitgeber den auf die Ferien entfallenden Lohn bezahlen. Der Umstand, dass der Arbeitnehmer die ihm zustehenden Ferien tatsächlich bezogen hat, ändert daran nichts.
Die Arbeitgeberin ging vorliegend aufgrund von Schwankungen im Arbeitspensum der Arbeitnehmerin davon aus, es handle sich um eine unregelmässige Tätigkeit. Die Voraussetzung der Unregelmässigkeit wird allerdings vom Bundesgericht sehr eng umschrieben. Der Sinn von Art. 329d Abs. 1 OR ist, den Arbeitnehmer zu schützen und zu gewährleisten, dass er sich in den Ferien auch tatsächlich erholen kann. Aufgrund dieses Schutzgedankens wird eine Abweichung nur in seltenen Fällen angenommen. Das Bundesgericht hält in seinem Urteil ausdrücklich fest, dass bei einer 100 %-Anstellung beim gleichen Arbeitgeber eine Abweichung von Art. 329d Abs. 1 OR nicht gerechtfertigt ist.
Somit wurde die Beschwerde durch das Bundesgericht abgewiesen.