Zuständigkeit der KESB bei einem Wegzug des Kindes

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Das Bundesgericht hat sich mit Urteil 5A_773/2021 vom 22. November 2022 mit der Zuständigkeit der KESB bei einem Wegzug des Kindes auseinandergesetzt.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2007 ist das Kind der unverheirateten und getrenntlebenden Eltern geboren. Es steht unter der alleinigen Sorge und Obhut der Mutter. Im Jahr 2019 entzog die KESB Hochdorf dem Kindsvater insbesondere das Recht auf persönlichen Verkehr mit dem Kind und ordnete an, dass der Entzug jährlich zu überprüfen sei. Hierbei schrieb die KESB Hochdorf verschiedene Anträge des Vaters im Zusammenhang mit der erneuten Errichtung einer Besuchsbeistandschaft als erledigt vom Verfahren ab. Das Kind lebte im Zeitpunkt dieses Entscheids nicht mehr im Zuständigkeitsbereich der KESB Hochdorf. Gegen diesen Entscheid erhob der Vater Beschwerde. Die erste Instanz wies die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. Nun gelangte der Vater mit Beschwerde ans Bundesgericht und rügte insbesondere die Unzuständigkeit der KESB Hochdorf, die hier als erste Instanz entschied.

Zuständig für den Erlass einer Massnahme ist die KESB am Wohnsitz der betroffenen Person. Ist ein Verfahren rechtshängig, so bleibt die Zuständigkeit bis zu dessen Abschluss auf jeden Fall erhalten (Art. 314 Abs. 1 i.V.m. Art. 442 Abs. 1 ZGB). Wechselt eine Person, für die eine Massnahme besteht, ihren Wohnsitz, so übernimmt die Behörde am neuen Ort die Massnahme ohne Verzug, sofern keine wichtigen Gründe dagegen sprechen (Art. 314 Abs. 1 i.V.m. Art. 442 Abs. 5 ZGB). Die KESB prüft ihre Zuständigkeit von Amtes wegen (Art. 314 Abs. 1 i.V.m. Art. 444 Abs. 1 ZGB). Die Zuständigkeitsbestimmungen sind laut der Botschaft des Bundesrats zwingender Natur und eine Einlassung fällt grundsätzlich ausser Betracht. Entscheidet eine örtlich unzuständige KESB, führt dies grundsätzlich zur Aufhebung des mit einem Rechtsmittel angefochtenen Entscheids von Amtes wegen.

Unbestritten war vorliegend, dass die KESB örtlich nicht zuständig war, den streitbetroffenen Entscheid zu fällen. Der Vater hat die fehlende örtliche Zuständigkeit der Behörde sodann bereits im Rechtsmittelverfahren vor der Vorinstanz gerügt. Unter diesen Umständen durfte die Vorinstanz laut Bundesgericht nach dem Ausgeführten nicht auf die Aufhebung des Entscheids der KESB verzichten.

So habe der anwaltlich vertretene Vater den Einwand der örtlichen Unzuständigkeit erst im Rechtsmittelverfahren erhoben, obgleich er die entsprechende Problematik bereits während des Verfahrens vor der KESB Hochdorf hätte erkennen können. Allerdings sei nicht massgebend, ob das Verhalten des Vaters gegen Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 BV) verstosse, da die KESB Hochdorf und die Vorinstanz die Unzuständigkeit der KESB Hochdorf von Amtes wegen hätten prüfen müssen. Laut Bundesgericht sprechen auch prozessökonomische Gründe nicht dafür, auf die Aufhebung des Entscheids der KESB Hochdorf zu verzichten. Sodann sei auch eine Einlassung im Verfahren vor der KESB nicht möglich. Es ist laut Bundesgericht unerheblich, ob der Vater die örtliche Unzuständigkeit im Verfahren vor der KESB Hochdorf gerügt hat oder nicht.

Im Ergebnis hiess das Bundesgericht die Beschwerde des Vaters in Bezug auf die Frage der Unzuständigkeit der KESB Hochdorf gut und wies die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurück.