recht aktuell

Neue Regelung für «A-Post Plus»-Zustellungen am Wochenende

Der Bundesrat hat am 14. Februar 2024 die Vernehmlassung zur Neuregelung von Zustellungen an Wochenenden im gesamten Bundesrecht eröffnet. Gemäss dieser Regelung sollen fristauslösende Sendungen neu erst am nächsten Werktag als erfolgt gelten (MM). Dieser Vorschlag basiert auf der Motion 22.3381, «Harmonisierung der Fristenberechnung», der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (RK-N), welcher die folgende Problematik zugrunde liegt:

Mit der Versandart «A-Post Plus», welche von der Schweizerischen Post angeboten wird, können Sendungen auch an Samstagen mittels Nachverfolgung zugestellt werden, wobei keine Empfangsbestätigung durch den/die Empfänger:in notwendig ist. Bei Postsendungen, die eine rechtliche Frist auslösen, beginnt diese Frist gemäss der aktuellen Rechtslage am Tag nach der Zustellung – das heisst unter Umständen am Sonntag. Ist der/die Sendeadressat:in am Wochenende abwesend, beginnt die Frist somit bereits bevor diese:r die Sendung in Empfang genommen hat. Zudem kennt der/die Empfänger:in den konkreten Tag der Zustellung nicht, da das Zustelldatum auf der Sendung jeweils nicht ersichtlich ist. Betreffende Empfänger:innen erfahren somit gegebenenfalls einen Rechtsnachteil oder sogar einen Rechtsverlust, wenn sie aufgrund des unbekannten Zustelldatums die Frist falsch berechnen.

Mit dem Vorentwurf des Bundesgesetzes über die Zustellung von Sendungen an Wochenenden und Feiertagen soll dieser Problematik entgegengewirkt werden. Die Post, welche an einem Samstag, einem Sonntag oder einem Feiertag zugestellt wird, soll – analog der neuen Zustellungsfiktion in der Zivilprozessordnung (ZPO) – rechtlich erst am folgenden Werktag als zugestellt gelten. Die Umsetzung dieser neuen Regelung ist folgendermassen geplant: Einerseits sollen die Erlasse, welche Vorschriften zur Fristenberechnung beinhalten, mit einer neuen Zustellungsfiktion (analog der ZPO) ergänzt werden und andererseits soll für Erlasse, die keine Fristberechnungsregeln aber immerhin Fristen festlegen, eine Auffangordnung im Bundesgesetz über den Fristenlauf an Samstagen erstellt werden. Letzter Punkt betrifft namentlich Fristen des materiellen Privatrechts wie Kündigungsfristen.

Die Vernehmlassung des Bundesrates endet am 24. Mai 2024.

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Stockwerkeigentum: Nachbesserungsanspruch eines Stockwerkeigentümers aus Werkkaufvertrag

Das Bundesgericht hat sich im Urteil 4A_540/2022 vom 19. Dezember 2023 mit den Folgen einer einseitigen Änderung eines Bauprojekts durch die Unternehmerinnen – bzw. der einseitigen Einreichung eines neuen Baugesuchs – nach der Begründung von Stockwerkeigentum auseinandergesetzt. Es befasste sich namentlich mit der Frage, ob die Eigentumsrechte einzelner Stockwerkeigentümer verletzt worden sind. Dem Urteil unterlag folgender Sachverhalt:

Die Verkäuferinnen (Beschwerdegegnerinnen) planten und erstellten in den Jahren 2013-2015 eine Terrassenüberbauung, hinsichtlich welcher in der Projektphase Stockwerkeigentum begründet wurde. Sie verkauften die einzelnen Einheiten teilweise bereits während der Projektphase. Der Beschwerdegegner kaufte in diesem Rahmen zwei Stockwerkeigentumseinheiten bzw. Anteile davon mittels Grundstückkaufvertrag mit Bauleistungspflicht. Ohne den Beschwerdeführer in Kenntnis zu setzen, reichten die Verkäuferinnen (selbst auch Miteigentümerinnen) parallel dazu neue Baugesuche ein, welche genehmigt und umgesetzt wurden. Gemäss Beschwerdeführer stellen diese, den gemeinsamen Boden betreffenden, Änderungen Verletzungen der Eigentumsrechte der übrigen Stockwerkeigentümer dar. Er fordert die Herstellung der baulichen Situation gemäss Begründung von Stockwerkeigentum mit Aufteilungsplänen und den dazugehörigen im Grundbuch angemerkten Reglementen, so weit nicht der Innenausbau betroffen war. Die Vorinstanz wies seine Berufung insbesondere ab, weil der Beschwerdeführer ausschliesslich seinen werkvertraglichen Nachbesserungsanspruch und keine anderen Gewährleistungsrechte oder Schadenersatzansprüche oder allfällige sachenrechtliche Ansprüche geltend machte. Eine an sich mögliche Nachbesserung sei ohne Zustimmung der übrigen Stockwerkeigentümer nicht möglich.

Gemäss Beschwerdeführer ist für die Erstellung der Baute gemäss Begründungserklärung und Aufteilungsplänen kein Beschluss der Stockwerkeigentümer nötig. Das Bundesgericht führt hierzu aus, dass bei gemischten Verträgen mit kauf- und werkrechtlichen Elementen die werkvertraglichen Regeln über die Mängelhaftung nach Art. 368 ff. OR anzuwenden sind, sofern keine abweichenden Parteivereinbarungen vorliegen. Die von den Parteien für anwendbar erklärten SIA-Normen würden unter Umständen eine privilegierte Stellung zur Nachbesserung vorsehen. Der werkvertragliche Nachbesserungsanspruch des Beschwerdeführers richte sich gegen die Verkäuferinnen als Unternehmerinnen. Ein Unternehmen, das vertraglich die Erstellung einer Stockwerkeinheit übernimmt, sei gegenüber dem Besteller zur Ablieferung mängelfreier Werke verpflichtet. Dies betreffe auch Bauteile, die anderen Miteigentümern ebenfalls zur Nutzung zustehen. Dabei könne jeder einzelne Stockwerkeigentümer seine vertraglichen Nachbesserungsansprüche ungeteilt ausüben, falls diese gemeinsame Bauteile eines in Stockwerkeigentum aufgeteilten Werkes betreffen. Da die Verträge des Unternehmens mit den Stockwerkeigentümern in casu jedoch inhaltlich ungleich sind, ist gemäss Bundesgericht eine Koordination zwischen der Durchsetzung des werkvertraglichen Nachbesserungsanspruchs der einzelnen Erwerber und den Regeln über die Beschlussfassung der Stockwerkeigentümerschaft erforderlich. Vorliegend hatten die Beschwerdegegnerinnen die umstrittenen Projektänderungen nämlich nicht allen Miteigentümern vorgelegt. Somit haben einzelne Stockwerkeigentumseinheiten die betreffenden Abänderungen akzeptiert und die vertraglichen Erfüllungsansprüche der einzelnen Stockwerkeigentümer weichen voneinander ab. Das Bundesgericht spricht der Koordination vorliegend jedoch ihre Bedeutung ab, weil der Beschwerdeführer nicht in genügender Weise widerlegt habe, dass die übrigen Stockwerkeigentümer seinen Forderungen nie zustimmen würden. Vor diesem Hintergrund bestehe vorliegend somit einzig die Möglichkeit, den Rückbau gegen den Willen der anderen Stockwerkeigentümer durchzusetzen.

Der Beschwerdeführer vertrat weiter die Ansicht, dass sich seine dinglichen Abwehrrechte, welche durch die unberechtigte Beeinträchtigung der gemeinschaftlichen Teile entstehen, mit seinen vertraglichen Nachbesserungsansprüchen decken. Das Bundesgericht verneint dies und erwägt insbesondere, dass die Interessen aller Stockwerkeigentümer zu berücksichtigen seien. Diese müssten mit dem Rückbau einverstanden oder davon offensichtlich nicht betroffen sein. Ferner handle es sich vorliegend – entgegen der Meinung des Beschwerdeführers – nicht um eine notwendige Verwaltungshandlung, ohne welche die Stockwerkseinheit unverkäuflich sei: Weder der Rückbau noch die Anpassung der Quoten an die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse würden einen Kauf verunmöglichen.

Das Bundesgericht lässt schliesslich die Frage offen, inwiefern dem Verhältnis zu den übrigen Miteigentümern hinsichtlich der werkvertraglichen Fragen Bedeutung zukommt. Entscheidend sei, dass der Beschwerdeführer sein Anliegen unter Umgehung der übrigen Miteigentümer geklärt haben möchte und eine Erfüllung ohne vorherige Klärung der sachenrechtlichen Situation mit den betroffenen Stockwerkeigentümern anstrebt. Einem solchen Ansinnen sei nicht zu entsprechen.

Das oberste Gericht schliesst damit, dass der Rückbau den Beschwerdegegnerinnen nicht zuzumuten ist, solange nicht feststeht, in welchem Umfang der Beschwerdeführer den Rückbau mit Blick auf die anderen Stockwerkeigentümer tatsächlich verlangen kann. Die Beschwerdegegnerinnen müssten wissen, wem sie Realerfüllung und gegenüber wem sie Schadenersatz zu leisten haben. Eine verbindliche Entscheidung sei lediglich möglich, wenn sämtliche Stockwerkeigentümer in die Frage des Rückbaus miteinbezogen werden. Damit wird die Beschwerde abgewiesen.

Personalwohnungen und die Lex Koller

Das Bundesgericht hat sich mit Urteil 2C_325/2022 vom 21. Dezember 2023 erneut mit Personalwohnungen im Zusammenhang mit der Lex Koller befasst.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die A AG bezweckt die Errichtung, den Erwerb, das Halten, die Verwaltung, den Betrieb und die Veräusserung von Hotels und Personalhäusern in der Schweiz. Die Schwestergesellschaft C AG ist Betreiberin eines Hotels in Davos. Sämtliche Aktien der Muttergesellschaft B AG hält ein deutscher Staatsangehöriger. Die B AG (und somit auch ihre Töchter A AG und C AG) ist eine “Person im Ausland” gemäss Lex Koller.

Die A AG beabsichtigt, ein Hotel zu erwerben und dieses der C AG als Personalhaus zur Verfügung zu stellen.

Das Bundesgesetz über den Grundstückerwerb durch Personen im Ausland (Bewilligungsgesetz, BewG, Lex Koller) regelt die Frage, unter welchen Voraussetzungen und innerhalb welcher Grenzen sog. Personen im Ausland Grundstücke in der Schweiz oder Beteiligungen an Gesellschaften, deren Zweck der Erwerb von Grundstücken ist, erwerben können. Gemäss Art. 2 Abs. 2 Bst. a BewG bedarf der Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland keiner Bewilligung, wenn das Grundstück als ständige Betriebsstätte eines Handels-, Fabrikations- oder eines anderen nach kaufmännischer Art geführten Gewerbes, eines Handwerksbetriebes oder eines freien Berufes dient. Ein “klassisches” Hotel stellt eine solche Betriebsstätte dar.

Gemäss geltendem Recht werden Personalwohnungen nicht von der Hotelbetriebsstätte-Ausnahme erfasst (so auch das Bundesgericht in BGE 147 II 281). Das Bundesgericht ankerkennt zwar, dass “das Hotelpersonal grundsätzlich auf die Zuverfügungsstellung von Personalwohnungen angewiesen ist und auf dem betroffenen, lokalen Mietmarkt schwer Wohnraum zu finden ist”, kommt jedoch zum Schluss, dass mangels Rechtsgrundlage ein bewilligungsfreier Erwerb von Personalwohnungen durch eine Person im Ausland nicht zulässig sei (E. 4.7).

Im vorliegenden Urteil hat das Bundesgericht festgehalten, dass ein nachträglicher Erwerb von Personalwohnungen nicht als bewilligungsfreier Miterwerb im Sinne von Art. 2 Abs. 3 BewG, sondern als späterer bewilligungspflichtiger Zuerwerb zu qualifizieren sei.

Offen bleibt die Frage, weshalb das Verfahren nicht sistiert worden ist, da das Parlament am 25. September 2023 (Amtliches Bulletin) mit der Annahme der Motion 22.4413 Schmid den Bundesrat beauftragt hat, eine Gesetzes- resp. Verordnungsanpassung vorzunehmen (vgl. Beitrag vom 4. Oktober 2023).

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Bundesrat will Position von Grundstückbesitzer:innen bei Hausbesetzungen stärken

Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 15. Dezember 2023 die Botschaft zur Verbesserung der Stellung von Grundstückbesitzer:innen verabschiedet. Er ging hierbei auf die Forderungen der Motion Feller 15.3531 ein, welche die Beseitigung existierender Hürden im geltenden Recht für die Wiederbemächtigung des Besitzes durch den/die Grundstückbesitzer:in forderte (MM).

Eckdaten: Der Bundesrat schickte eine Änderung des Schweizer ZGB zur Besserstellung von Grundstückbesitzer:innen am 2. September 2020 in die Vernehmlassung und nahm am 29. Juni 2022 die Resultate der Vernehmlassung zur Kenntnis. Am 15. Dezember 2023 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zur Weiterbearbeitung durch das Parlament.

Konkrete Änderungen: Der Bundesrat entschied einerseits, dass der/die Grundstückbesitzer:in zur eigenständigen Wiederbemächtigung des Grundstücks weiterhin «sofort» handeln muss. Dies diene der Rechtssicherheit und verhindere, dass das staatliche Gewaltmonopol «aufgeweicht» wird. Gleichzeitig legte der Bundesrat fest, dass die Frist zur Handlung dann beginnt, wenn der/die Besitzer:in Kenntnis von der Hausbesetzung erhält – sofern dies bei gebotener Sorgfalt nicht bereits früher möglich gewesen wäre. Gemäss dem neuen Gesetzesentwurf kann Selbsthilfe angewendet werden, sofern amtliche Hilfe nicht rechtzeitig verfügbar ist und sich der/die Besitzer:in jeder nach den Umständen nicht gerechtfertigten Gewalt enthält (vgl. Art. 926 Abs. 4 E-ZGB). Die Zulässigkeit der Selbsthilfe hängt damit von den Umständen im Einzelfall ab.

Der neue Gesetzesentwurf verzichtet – vor dem Hintergrund der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen – auf direkte Vorgaben zur Räumung von Hausbesetzungen. Immerhin sehen die Änderungen des Bundesrats eine Verminderung von prozessualen Hürden zur Räumung von Grundstücken vor und gewährt Grundstückbesitzer:innen insbesondere die Möglichkeit zur gerichtlichen Verfügung gegen unbekannte Personen und damit zur rascheren Zwangsräumung. Ferner können Besitzer:innen gerichtliche Verfügungen neu auf Antrag durch eine Behörde anbringen lassen.

Zur Medienmitteilung

Rechtliche Inputs :

  • Unterscheidung zwischen Besitz und Eigentum: Die Vorschriften, welche die Hausbesetzung betreffen, knüpfen am Grundstückbesitz an (sog. Besitzesschutz). (Grund-)Besitzer:innen sind von (Grund-)Eigentümer:innen zu unterscheiden: Ein:e Besitzer:in hat die tatsächliche Gewalt über eine Sache (vorliegend das Grundstück) und übt die Gewalt willentlich über diese Sache bzw. das Grundstück aus (vgl. Art. 919 Abs. 1 ZGB; Ernst/Zogg, BSK ZGB II, Aufl. 7, Art. 919 N 15 ff.). Demgegenüber hat ein:e Eigentümer:in alle Befugnisse an einer Sache, die im Rahmen des Rechts möglich sind, wobei diese Befugnisse «die Sache in ihrer Gesamtheit» betreffen. Eigentümer:innen haben somit namentlich das Recht, die Sache zu verkaufen oder Eingriffe von Dritten abzuwehren (vgl. Art. 641 ZGB; Wolf/Wiegand, Vor Art. 641 ff., N 42 und Art. 641 N 25, 31 ff.). Eigentümer:innen können zugleich Besitzer:innen sein, wenn sie Eigentum an einer Sache bzw. an einem Grundstück haben und dort tatsächliche Gewalt ausüben.
    Beispiel: A mietet eine Wohnung des Vermieters B, dem die Wohnung gehört. B ist der Eigentümer der Wohnung. Er kann darüber bestimmen, was er damit machen möchte, und könnte diese verkaufen. A ist Mieter und hat damit tatsächliche Gewalt über die Wohnung. A ist Besitzer. Vermietet B die Wohnung nicht und wohnt er selbst darin, ist er zugleich Eigentümer und Besitzer.
  • Kantonale Regelung (vgl. Mabillard, S. 156 ff.): Seit Inkrafttreten des Besitzesschutzes auf Bundesebene (Art. 926 ff. ZGB) wurde der Besitzesschutz in den Kantonen weitgehend vereinheitlicht. Dennoch haben die kantonalen Behörden in der Rechtsanwendung und Rechtsdurchsetzung sowie in der Umsetzung des Besitzesschutzes nach wie vor grosse Spielräume. Im Bereich von Hausbesetzungen ist heute noch das kantonale (Polizei-)Recht massgebend. Nachstehend werden beispielhaft die Voraussetzungen für eine Räumung für die Kantone Bern, Zürich und Genf aufgezeigt:
  • Bern: Gemäss Berner Praxis setzt eine polizeiliche Räumung einen Straf- sowie einen Räumungsantrag voraus. Ein vorheriger Zivilprozess ist nicht notwendig. Liegen die Voraussetzungen zur polizeilichen Räumung vor, wird die Räumung des besetzten Grundstücks unter Berücksichtigung des Verhältnismässigkeits- und des Opportunitätsprinzips durchgeführt. Die Praxis der polizeilichen Räumung wird von einem Präventions- und Vermittlungsangebot der Zwischennutzungsstelle der Immobilienverwaltung der Stadt Bern begleitet. Zurzeit wird eine Anpassung der Berner Praxis an die Zürcher Praxis diskutiert (vgl. S. 175 ff. des Gutachtens).
  • Zürich: Die Zürcher Stadtpolizei kennt mit dem Massnahmenkonzept «Prävention, Legalisierung, Strafverfolgung und Räumung» eine mehrstufige Praxis. Nach dieser Praxis sind für die polizeiliche Räumung durch die Stadtpolizei vorausgesetzt: Ein gültiger Strafantrag sowie entweder «eine rechtskräftige Abbruchbewilligung, eine rechtskräftige Baubewilligung einschliesslich Baufreigabe und Belege der unverzüglichen Aufnahme der Abbruch- bzw. Bauarbeiten, ein Vertrag zur Nutzung der Liegenschaft nach deren Räumung oder eine Gefährdung der Sicherheit von Personen bzw. von denkmalgeschützten Bauteilen oder Einrichtungen». Die Stadtpolizei Zürich stützt sich dabei in erster Linie auf ein Merkblatt für Hausbesetzungen, das vom Stadtrat erlassen wurde (vgl. S. 183 ff. des Gutachtens).
  • Genf: Das Vorgehen gegen Hausbesetzungen ist auf der Grundlage von kantonalen Rechtsgrundlagen (vgl. namentlich Art. 1 Abs. 3 lit. a LPol GE) möglich. Hierfür notwendig ist ein Strafbefehl und es muss der jeweilige Einzelfall berücksichtigt werden. Für die Genfer Polizei ist in erster Linie insbesondere die Kommunikation mit dem/der Grundbesitzer:in zentral (vgl. S. 158 ff. des Gutachtens).

Zum vollständigen Gutachten zur Motion Feller von Dr. iur. Ramon Mabillard LL.M : Besitzesschutz bei Hausbesetzungen

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Schweiz regelt grenzüberschreitende Erbfälle neu

Im Rahmen der Revision des internationalen Erbrechts (MM) gab es zwischen dem National- und dem Ständerat in den vergangenen Jahren verschiedene Differenzen (vgl. Debatte). An seiner Sitzung vom 12. Dezember 2023 hat der Ständerat nun die letzte Meinungsdifferenz zum Nationalrat beseitigt (SDA-Meldung und Votum Ständerat):

Die Revision des Bundesgesetzes über das internationale Privatrecht (IPRG) strebt die Angleichung an das EU-Recht an und soll die Zuständigkeiten der Staaten bzw. Behörden in grenzüberschreitenden Erbfällen klären.

Im Zentrum stehen Sachverhalte, in welchen Personen ihren Wohnsitz von der Schweiz ins Ausland verlegen, dort versterben und Vermögen in der Schweiz sowie an ihrem letzten Wohnsitz hinterlassen. Gegenstand der letzten bestehenden Differenz zwischen National- und Ständerat bildete die Rechtswahl – mittels Testament oder Erbvertrag – durch eine:n Schweizer Staatsbürger:in mit mehrfacher Staatsbürgerschaft. Der Ständerat vertrat zu Beginn die Ansicht, dass Schweizer:innen mit mehrfacher Staatsbürgerschaft keine Rechtswahl zustehen soll bzw. diese das Schweizer Recht wählen müssen. Der Nationalrat und der Bundesrat befürworteten diesen Vorschlag nicht. Der Nationalrat beanstandete insbesondere die dadurch entstehende Ungleichbehandlung von Schweizer:innen mit und ohne mehrfache Staatsbürgerschaft.

Der Ständerat hat dem Kompromissvorschlag des Nationalrats schliesslich zugestimmt, wonach Schweizer:innen mit mehrfacher Staatsangehörigkeit die Anwendbarkeit von ausländischem Recht wählen können sollen, jedoch die Pflichtteile gemäss Schweizer Recht unberührt lassen müssen.

Zur SDA-Meldung: Schweiz regelt grenzüberschreitende Erbfälle neu // Zur Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (Erbrecht): BBl 2020 3309

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Eishockey und das Recht

Eishockey als besonders schnelle Kontaktsportart mit erhöhtem Risiko führt regelmässig zu Verletzungen. Es stellt sich somit – stärker als in anderen Sportarten – die Frage, wie mit solchen Verletzungen in rechtlicher Hinsicht umzugehen ist.

Insbesondere interessiert, wie sich die verschiedenen Akteure des Eishockeys organisieren und inwiefern allfällige Regeln und Vorschriften für den Hockeysport existieren. Thomas Brumann diskutiert in seiner jüngsten Publikation die Rechtslage dieser Sportart. Er nimmt Bezug auf die nationale und internationale Organisation des Eishockeys, die Regelungen für den Hobbysport, die verbandsinterne Rechtspflege sowie spezifische Fragestellungen hinsichtlich Verletzungen aus zivil- und strafrechtlicher Sicht im Eishockey.

Der Hockeysport wird in erster Linie durch Vereine organisiert, welche sich wiederum in regionalen, nationalen oder internationalen Dachverbänden zusammenschliessen. Solche Verbände müssen zu einem Mindestmass strukturiert sein und gewisse (internationale) übergeordnete Vorschriften beachten, damit Eishockey auf internationaler Ebene ausgeübt werden kann.

In der Schweiz hat der Dachverband Swiss Ice Hockey Federation (SIHF) eine bedeutende Rolle. Seine Mitglieder stellen namentlich Eishockeyclubs des Leistungs- oder Hobbysports dar. Eishockey als Hobbysport besteht einerseits aus Amateurligen und den daran teilnehmenden Clubs und andererseits aus Hobbymannschaften, welche nicht an diesen Ligen teilnehmen. In den Amateurliegen gelten die offiziellen Regeln der International Ice Hockey Federation (IIHF), die Statuten des SIHF sowie allfällige spezifische Reglemente und Weisungen der jeweiligen Liga-Versammlung. Auch im Frauenhockey – der als Breiten- sowie als Leistungssport ausgeübt wird – und im «Plausch-Eishockey» gelten weitegehend die Regeln der IIHF. Der SIHF regelt die Rechtspflege, insbesondere deren Organisation und das Verfahren, in einem Reglement und in seinen Statuten. Die Sportart Eishockey soll sich so weit wie möglich durch eine «professionelle und vertrauenswürdige Verbandsgerichtsbarkeit selbst regulieren». So sind interne Rechtspflegeorgane der SIHF vorgesehen, deren Entscheide ggf. ausschliesslich vor dem Tribunal Arbitral du Sport (TAS) angefochten werden können. Für bestimmte Angelegenheiten, die namentlich das Arbeits- und Strafrecht betreffen, sind jedoch (zwingend) staatliche Gerichte zuständig.

Als risikoreiche Sportart kann im Eishockey nicht jede Verletzung zivil- und/oder strafrechtlich relevant sein:

In strafrechtlicher Hinsicht ist eine Ahndung schon deshalb schwierig, da namentlich leichte Körperverletzungsdelikte und Tätlichkeiten Antragsdelikte sind und somit nicht von Amtes wegen verfolgt werden. Weitere Schwierigkeiten bilden insbesondere die Bejahung der Absicht zum Zufügen einer Verletzung und die (konkludente) Einwilligung der verletzten Person. Grundsätzlich sind geringfügige Regelverstösse, die durch spontane und schnellste Reaktionen während dem Spiel erfolgen, zu akzeptieren. Daher ist die Aussage des Bundesgerichts, wonach ein Eishockeyspieler sich «auf dem Eis immer so bewegen muss, dass er auf gefährliche Situationen reagieren und notfalls noch bremsen oder seinem Gegenspieler ausweichen kann», nicht ganz zufriedenstellend. Letztlich sollten auch die Art des Regelverstosses und die Verletzungsgefahr sowie, um eine umfassende Abschreckungsfunktion zu erreichen, das Einkommen des Verursachers berücksichtigt werden.

In zivilrechtlicher Hinsicht kann ferner, unabhängig der strafrechtlichen Beurteilung, u.U. Schadenersatz oder Genugtuung eingeklagt werden.

Der vollständige Aufsatz finden Sie auf der Webseite des Sportverbandskommentars, Eishockey.

Für allgemeine Grundlagen zur Streitbeilegung im Sport wird auf den Aufsatz Arbitration (Grundlagen) von Rahel Müller verwiesen.

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