Das Bundesgericht hat sich mit Urteil 5A_420/2022 vom 8. Dezember 2022 mit dem Eigentum an einer Quelle auseinandergesetzt.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: A, B und C sind Miteigentümer einer Parzelle in der Gemeinde Brig-Glis, auf der eine Quelle entspringt. Auf Klage dieser Miteigentümer stellte die erste Instanz fest, dass sich die genannte Quelle im Privateigentum der Miteigentümer befindet. Auf entsprechende Berufung der Einwohnergemeinde Brig-Glis wurde dieser erstinstanzliche Entscheid aufgehoben und festgehalten, dass es sich bei der Quelle um eine Bachquelle im öffentlichen Eigentum der Gemeinde Brig-Glis handelt. Gegen diesen Entscheid gelangten die Miteigentümer mit Beschwerde ans Bundesgericht.
Quellen sind gestützt auf das Akzessionsprinzip grundsätzlich Bestandteile der Grundstücke, auf welchen sie hervortreten (Art. 667 Abs. 2 ZGB, Art. 704 Abs. 1 ZGB); das Eigentum am Grundstück erstreckt sich daher auch auf die darauf entspringende Quelle. In Abgrenzung dazu besteht an öffentlichen Gewässern unter Vorbehalt anderweitigen Nachweises kein Privateigentum (Art. 664 Abs. 2 ZGB).
Unterschieden werden laut Bundesgericht Privatquellen, auf welche Art. 704 Abs. 1 ZGB Anwendung findet, und öffentliche Bach- oder Flussquellen. Das Bundeszivilrecht nennt die Kriterien nicht, nach denen aufgrund von Art. 664 Abs. 1 ZGB der Hoheit der Kantone unterstellte Gewässer als öffentlich zu betrachten sind. Diese Definition ist Sache der Kantone. Macht der Kanton von dieser Regelungskompetenz Gebrauch, wird die Öffentlichkeit des Gewässers durch einen Akt des Gesetzgebers begründet; das grundsätzlich als Bestandteil des umgebenden Erdbodens im Privateigentum stehende Gewässer wird somit als öffentlich konstituiert.
Der Kanton Wallis hat von der ihm zustehenden Kompetenz Gebrauch gemacht. Gemäss Art. 163 Abs. 3 EG ZGB fallen Wasserläufe ab demjenigen Punkt, wo sie entspringen, in das öffentliche Eigentum der Gemeinden. Ebenfalls in den Bereich des öffentlichen Gemeindeeigentums gehören grundsätzlich die unterirdischen Gewässer mit einer mittleren Wassermenge von mehr als 300 Liter/Minute (Art. 163 Abs. 4 EG ZGB). Anders als bei unterirdischen Gewässern regelt das kantonale Recht nicht, welche Mächtigkeit und/oder Stetigkeit der oberirdische Wasserlauf aufweisen muss, um als öffentliches Gewässer zu gelten. Damit sind im Kanton Wallis grundsätzlich alle Wasserläufe öffentlich.
Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist zur Beantwortung der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Wasseraustritt als Bachquelle zu qualifizieren ist, in erster Linie zu prüfen, ob der Wasserausstoss, unabhängig davon, ob das Wasser an einem oder mehreren Orten austritt, von Anfang an einen Wasserlauf – einen Bach – bildet. Ob das entspringende Wasser von Anfang an einen Wasserlauf bzw. einen Bach bildet, sei daran zu messen, ob es sich aufgrund der Mächtigkeit und Stetigkeit des Wasseraustritts ein Bett mit festen Ufern schafft oder zu schaffen vermöchte, wäre es nicht gefasst worden.
Vorliegend war unbestritten, dass das Wasser der Quelle an mehreren Orten austrat, dass das Wasser durch die Miteigentümer weder gefasst noch genutzt wurde, und dass sich vor der zu Messzwecken durch die Gemeinde Brig-Glis erstellten Fassung weder ein Bachbett noch ein Bachlauf gebildet hatte. Das Wasser versickerte. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sei eine Quelle nicht gleichsam abstrakt anhand der Mächtigkeit und Stetigkeit des Wasserausstosses bzw. der Folgen einer künstlichen Fassung als privat oder als öffentlich einzustufen. Wurde eine Quelle nicht gefasst, so äussert sich ihre Mächtigkeit und Stetigkeit laut Bundesgericht gerade darin, ob sich von Anfang an ein Wasserlauf gebildet, diese sich mit anderen Worten ein Bett mit festen Ufern zu schaffen vermocht hat. Es sei auf den ursprünglichen Zustand der Quelle abzustellen und nicht auf die Veränderung, die sich durch den von Menschenhand geführten Eingriff ergeben habe. Dies müsse erst recht gelten, wenn dieser Eingriff – wie hier – nicht durch die Grundeigentümer selbst veranlasst bzw. vorgenommen worden sei.
Ebenso wenig treffe die Überlegung zu, bei einer Mehrzahl von Wasseraustritten stehe der fehlende Bachlauf einer Qualifizierung einer Quelle als Bachquelle nicht entgegen, sofern deren Leistung insgesamt geeignet sei, einen Bachlauf zu bilden. Laut Bundesgericht fehlt ohne Wasserlauf bzw. Bach vielmehr jede Anknüpfung an ein öffentliches Gewässer, die es erlaubt, die Quelle als Teil des von ihr gebildeten Wasserlaufs zu betrachten.
Im Ergebnis stellte das Bundesgericht fest, dass die Quelle gerade nicht die Mächtigkeit und Stetigkeit besass, sich ein Bett mit festen Ufern zu schaffen, und nicht von Anfang an einen Wasserlauf bildete. Die Quelle sei daher eine Privatquelle im Sinne von Art. 704 Abs. 1 ZGB.
Das Bundesgericht hiess die Beschwerde der Miteigentümer vollumfänglich gut.