Persönlichkeitsschutz – Gegendarstellung

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Das Bundesgericht hat sich mit Urteil 5A_559/2021 vom 7. Juni 2022 mit der Form der Gegendarstellung im Sinne von Art. 28h Abs. 1 ZGB auseinandergesetzt.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Zwei Medienunternehmen berichteten zu Mängeln und Vorfällen in einer Abteilung eines Spitals. Die Berichterstattung des ersten Medienunternehmens (nachfolgend: Herausgeberin I) erfolgte im Zeitraum von Mai bis August 2020 in ihren Printmedien, wobei sie dem Professor und früheren Leiter dieser Abteilung des Spitals vorwarf, verschwiegen zu haben, am finanziellen Erfolg eines Herstellers finanziell zu profitieren.

Die Berichterstattung des zweiten Medienunternehmens (nachfolgend: Herausgeberin II) fand im Zeitraum vom 3. bis 5. März 2021 in ihrem Online-Magazin statt. Sie veröffentlichte am 8. März 2021 ergänzend ein Interview mit einem Professor und dem Herausgeber einer Fachzeitschrift. In diesem Interview kam die Berichterstattung der Herausgeberin I und namentlich der vorgenannte Vorwurf gegenüber dem früheren Abteilungsleiter zur Sprache. Es wurde insbesondere ausgeführt, die Herausgeberin I habe eine Liste mit Interessenkonflikten des früheren Abteilungsleiters erhalten. Dies sei in der Berichterstattung jedoch verschwiegen worden, was schlechter Journalismus sei.

Hierzu verlangte die Herausgeberin I eine Gegendarstellung, deren Veröffentlichung durch die Herausgeberin II abgelehnt wurde.

Die Herausgeberin I klagte bei der Vorinstanz insbesondere auf Veröffentlichung eines Gegendarstellungstextes, worin der Vorgang ihrer Berichterstattung in Bezug auf die Offenlegung von Interessenkonflikten im Fall des Abteilungsleiters umfassend erläutert wurde. Die Vorinstanz wies dieses Gegendarstellungsbegehren vollumfänglich ab. Gegen dieses Urteil erhob die Herausgeberin I Beschwerde an das Bundesgericht.

Gemäss Art. 28h Abs. 1 ZGB ist der Text der Gegendarstellung in knapper Form auf den Gegenstand der beanstandeten Darstellung zu beschränken. Das Bundesgericht verweist auf seine ständige Rechtsprechung, wonach für die Form – wie für den Anspruch auf Gegendarstellung selbst (Art. 28g Abs. 1 ZGB) – der Grundsatz «Tatsachen gegen Tatsachen» gilt. Gegendarstellungstexte, die nicht unmittelbar auf Tatsachen in der Erstmitteilung Bezug nehmen, die eigene Meinung oder Werturteile zum Ausdruck bringen oder sonstwie an der Sache vorbeigehen, genügen den gesetzlichen Anforderungen an die Form gemäss Art. 28h Abs. 1 ZGB laut Bundesgericht nicht. Genüge der Text der Gegendarstellung den gesetzlichen Anforderungen nicht, so habe das Gericht ihn anzupassen, soweit dies ohne inhaltliche Änderung oder eigentliche redaktionelle Überarbeitung möglich sei. Wo die Grenze einer insgesamt unzulässigen und daher auch nicht einer Kürzung zugänglichen und einer nur teilweise unzulässigen bzw. kürzbaren Gegendarstellung zu ziehen sei, könne nicht generell-abstrakt umschrieben werden. Nicht besanstandet habe die Rechtsprechung etwa reine Textkürzungen, d.h. das Weglassen von ganzen Abschnitten und von Satzteilen in einem Abschnitt des eingeklagten Gegendarstellungstextes, oder die Ergänzung des Textes mit einem Datum. Das Bundesgericht hat in anderen Entscheiden hingegen beispielsweise die neue Redaktion des Gegendarstellungstextes oder die Umgestaltung des Textes in einer Weise, die über die ursprüngliche Aussage hinausgeht, nicht zugelassen.

Vorliegend kam das Bundesgericht zum Schluss, dass der eigentliche Gegendarstellungstext aus den Hintergrundinformationen herausgehoben und neu formuliert werden müsste, damit die Anpassung den gesetzlichen Erfordernissen genügen würde. Die Anpassung sprenge somit den Rahmen dessen, wozu das Gericht berechtigt und verpflichtet sei. Es komme hinzu, dass die auf Gegendarstellung klagende Herausgeberin I in ihrer Eigenschaft als Medienunternehmen genau wisse, was als Gegendarstellungstext noch zulässig sein könne. Die sich aufdrängende Frage, ob ihre allenfalls zu Werbezwecken verlangte Gegendarstellung mit Verweis auf Art. 28h Abs. 2 ZGB nicht als rechtsmissbräuchlich erscheine, müsse mangels entsprechender Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz dahingestellt bleiben.

Im Ergebnis wies das Bundesgericht die Beschwerde des Medienunternehmens vollständig ab und erachtete eine Anpassung des Gegendarstellungstextes als unzulässig.